Trauma – Was im Gehirn dabei passiert
Beim Trauma ist unser Gehirn überfordert. Die traumatischen Erlebnisse können nicht normal verarbeitet werden, sondern werden ungeordnet in unserem Gehirn gespeichert.
Die unvollständige Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse hat oftmals verheerende Konsequenzen für die Betroffenen – es kommt zur posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Unverarbeitete Traumatisierungen führen zum Wiedererleben von starken Emotionen und Körperempfindungen, welche den Eindruck vermitteln, dass das Trauma nochmal im „hier und jetzt“ stattfindet.
Was im Gehirn beim Trauma passiert, erfährst du in diesem Beitrag. Versteht man die beim Trauma ablaufenden Prozesse im Gehirn, so werden auch die Symptome der PTBS verständlicher. Wahrscheinlich sind sie deswegen zwar nicht weniger belastend aber vielleicht etwas besser anzunehmen.
Der normale Verarbeitungsprozess im Gehirn
Schauen wir uns zunächst den normalen Verarbeitungsprozess im Gehirn an. Um die Grundzüge zu verstehen, muss man die Funktionsweisen von folgenden vier Gehirnbestandteilen kennen:
- Thalamus
- Amygdala
- Hippocampus
- Großhirnrinde
Im Folgenden gehe ich kurz auf die Grundfunktionen dieser vier Gehirnbestandteile ein, bevor wir uns ansehen, wie sich Trauma auf das Gehirn auswirkt.
Der Thalamus – Tor des Bewusstseins
Unser Körper und unsere Sinnesorgane leiten Informationen (Gesehenes, Gehörtes, Geruch, Geschmack und Gefühltes) in den Thalamus. Der Thalamus dient als eine Art Filter und entscheidet darüber, welche Informationen im Moment für uns wichtig sind. Nur wichtige Informationen werden weitergeleitet, unwichtige Informationen werden herausgefiltert. Die wichtigen, weitergeleiteten Informationen werden uns dann bewusst. Aus diesem Grund wird der Thalamus auch als „Tor des Bewusstseins“ bezeichnet.
Die Amygdala – hot system
Die Amygdala (auch Mandelkerne genannt) ist wesentlich an der Konditionierung von Angst beteiligt. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Wiedererkennung von Situationen sowie der Analyse möglicher Gefahren. Ereignisse werden in der Amygdala mit Emotionen verknüpft und gespeichert. Die Amygdala kreiert gewissermaßen Gefühle, ohne diese zu bewerten. Sie wird deshalb auch „hot system“ genannt.
Der Hippocampus – cool system
Der Hippocampus (auch Seepferdchen genannt) ist die zentrale Schaltstelle des limbischen Systems im Gehirn. Er hat eine ordnende Wirkung. Ereignisse werden zeitlich und geografisch zugeordnet und die Reize bewertet. Aus diesem Grund wird er auch „cool system“ genannt.
Der Hippocampus spielt weiterhin eine wesentliche Rolle bei der Überführung der Informationen aus dem Kurzzeitspeicher in den Langzeitspeicher, die Großhirnrinde.
Die Großhirnrinde – der Langzeitspeicher
Die Großhirnrinde ist der Langzeitspeicher unseres Gehirns. Die durch den Thalamus an die Amygdala und den Hippocampus weitergegebenen und dort verarbeiteten Informationen werden final in der Großhirnrinde gespeichert.
Das Zusammenspiel der Bereiche
Die folgende Grafik stellt das „gesunde“ Zusammenspiel des Thalamus, der Amygdala, des Hippocampus und der Großhirnrinde dar.
Trauma – wenn das Gehirn überhitzt
Bei traumatischen Erlebnissen wird unser Gehirn mit Stresshormonen überflutet. Dieses wirkt sich ungünstig auf die Nervenzellen im Gehirn aus, vor allem auf den Hippocampus. Die Zusammenarbeit zwischen der Amygdala und dem Hippocampus ist gestört. Gefühlszustände, Bilder und körperliche Reaktionen werden in der Amygdala gespeichert, das vollständige Zuordnen des Erlebten im Zusammenhang mit der äußeren Realität kann im Hippocampus jedoch nicht stattfinden. Es entsteht eine „hippocampale Amnesie“, d.h. es bestehen keine Erinnerung an die konkrete reale Situation.
Ist das Trauma nicht verarbeitet, überwiegt das emotionale Gedächtnis der Amygdala „hot system“ im Vergleich zum autobiografischen Gedächtnis des Hippocampus „cold system“. Es besteht ein Nebeneinander von intensiven Erinnerungen einerseits und Erinnerungslücken bzgl. der konkreten Geschehnisse andererseits. Die unvollständigen, weil noch nicht zuordenbaren Erinnerungen, entwickeln ein Eigenleben, welches sich weitestgehend dem Bewusstsein entzieht. Zahlreiche Reize können als Trigger fungieren und bei Betroffenen intensive emotionale Erinnerungen hervorrufen.
Die folgende Darstellung zeigt die gestörte Verarbeitung im Gehirn bei traumatischen Erlebnissen.
Integration / Verarbeitung des Traumas
Für die Verarbeitung des Traumas ist es notwendig, dass das traumatische Ereignis in einen Gesamtzusammenhang eingeordnet werden kann. Erst dann kann sich die Einstellung entwickeln „es ist vorbei und ich habe es überlebt.“.
Traumaberatung
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